Erster Turnschuh aus Kohlenstoff-Abgasen

Fünf Jahre hat ein Industriekonsortium um den Schweizer Sportartikelhersteller On getüftelt und präsentiert nun einen Turnschuh, dessen Schaumkunststoffanteile aus kohlenstoffhaltigen Industrieabgasen hergestellt werden. Dabei kommt die bakterielle CO(Monoxid)-Umwandlung zu Ethanol von Lanzatech zum Einsatz.

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Die Schweizer Sportmarke On präsentiert den ersten Schuh, der aus Kohlenstoffemissionen hergestellt wird, genannt Cloudprime. Dabei wird ein neues Schaummaterial namens CleanCloud™ verwendet, das aus Kohlenstoffemissionen als Rohstoff hergestellt wird. On ist das erste Unternehmen in der Schuhindustrie, das Kohlenstoffemissionen als primären Rohstoff für die Zwischensohle eines Schuhs erforscht, insbesondere für EVA-Schaum (Ethylenvinylacetat), der in Zukunft auch für andere Schuhteile und Produkte verwendet werden könnte.

"Den allerersten Schuh aus Kohlenstoffemissionen in den Händen zu halten, ist ein großer Meilenstein – nicht nur für On, sondern für die gesamte Sportindustrie", erklärt Caspar Coppetti, Mitbegründer und Executive Co-Chairman von On. "Vor fünf Jahren war dies noch nicht einmal zu träumen." CleanCloud™ ist das Ergebnis einer konzertierten Lieferkettenpartnerschaft mit einigen der innovativsten Unternehmen im Bereich Biochemie, Prozess- und Materialinnovation, darunter LanzaTech, Borealis und Technip Energies. LanzaTech nutzt eine Kombination aus modernster Gentechnik, hochmoderner Biotechnologie, künstlicher Intelligenz und Innovationen im Bereich der mechanischen und chemischen Technik, um Chemikalien in einem Verfahren herzustellen, das Kohlenstoffabfälle aufsaugt, anstatt sie auszustoßen.

Und so funktioniert es: Die Technologie von LanzaTech fängt Kohlenmonoxid aus industriellen Quellen wie Stahlwerken ab, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Nach der Abscheidung werden diese Emissionen einem patentierten Fermentationsprozess unterzogen. Dank speziell ausgewählter und natürlich vorkommender Bakterien gärt das kohlenstoffreiche Gas auf natürliche Weise und wird in Ethanol umgewandelt. Dieser Gärungsprozess ähnelt dem der konventionellen Alkoholproduktion, wie dem Bierbrauen. Das Ethanol wird dann von Technip Energies dehydriert, um Ethylen zu erzeugen, das wiederum von Borealis zu EVA (Ethylenvinylacetat) in Form von festen kleinen Kunststoffpellets polymerisiert wird – das vielseitige und leichte Material, mit dem On beginnt, einen Hochleistungsschaumstoff für Schuhe herzustellen.

"Heute zeigen wir der Welt, dass recycelter Kohlenstoff eine Ressource und keine Belastung ist", sagte Jennifer Holmgren, CEO von LanzaTech. "Die Partnerschaft zwischen On, Borealis, Technip und LanzaTech wird die Art und Weise, wie die Welt über die Beschaffung von Kohlenstoff denkt, verändern und es uns ermöglichen, eine nachhaltige Zukunft für alle zu schaffen", gibt sich Holmgren hoffnungsvoll.

Das Industriekonsortium umfasst Technip Energies, verantwortlich für den Prozess der Dehydratisierung von Ethanol zu Ethylen, das ein Monomer und der wichtigste Baustein von weitverbreiteten Kunststoffen ist. Borealis (Hauptsitz Wien) ist ein führender Anbieter von fortschrittlichen, kreislauffähigen und erneuerbaren Kunststofflösungen und maßgeblich an der Herstellung von hochleistungsfähigem, leicht zu verarbeitendem EVA-Schaum für CleanCloud™ beteiligt. Lanzatech arbeitet mit Technip Energies auch im eigenen Joint Venture LanzaJet zusammen, das in einer großen Pilotanlage in den USA nachhaltigen Flugzeugtreibstoff mit einem stark reduzierten CO2-Fußabdruck produziert.

Um den Schuh insgesamt als "nachhaltig" vermarkten zu können, sind die weiteren Materialien ebenfalls unter Gesichtspunkten der Kreislaufwirtschaft ausgewählt: On arbeitet mit dem Start-up Novoloop an der CleanCloud™-Laufsohle, indem es das weltweit erste chemisch upgecycelte TPU aus Post-Consumer-Kunststoffabfällen verwendet. Die Laufsohle wurde laut Unternehmen "strengen Labor- und Sportlertests unterzogen und erfüllt Spezifikationen, die mit denen von TPU aus fossilen Rohstoffen vergleichbar sind, bei einer deutlichen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks." Für das Obermaterial arbeitet On mit dem jungen französischen Start-up Fairbrics zusammen, um ein Textil auf Polyesterbasis zu entwickeln, das aus Kohlenstoffemissionen hergestellt wird.

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